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Führungskräfte im Fokus: Warum der Wechsel von Automotive zur Verteidigungsindustrie kein Selbstläufer ist

Benedikt Douglas
„Suits & Sneakers“ ist der Deininger Podcast für Entscheiderinnen und Entscheider. Wir sprechen mit Führungspersönlichkeiten über Themen wie neue Arbeitswelten, Digitalisierung, die Veränderung von Führung und ihre Erfahrungen im Aufbau und bei der Steuerung von Unternehmen.
25.4.2025
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Die deutsche Automobilindustrie, über Jahrzehnte ein zentraler Motor der Wirtschaft, befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Wandels. Während sie mit Elektrifizierung, Digitalisierung, globalem Wettbewerbsdruck und Arbeitsplatzabbau ringt, erlebt die Verteidigungsindustrie einen historischen Aufschwung. Getrieben von geopolitischen Spannungen, dem Sondervermögen für die Bundeswehr und einer wachsenden gesellschaftlichen Akzeptanz für Verteidigungsausgaben, steigt die Nachfrage nach qualifiziertem Personal rapide – nicht nur in Fertigung und Technik, sondern auch auf den Führungsebenen.

Was auf den ersten Blick wie ein naheliegender Talenttransfer erscheint – etwa unter dem Schlagwort „Autos zu Rüstung“, dass der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie geprägt hat – entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als anspruchsvoller Brückenschlag.

Wie dieser dennoch gelingen kann, welche Kompetenzen gefragt sind und worauf Unternehmen bei der Auswahl von Führungspersönlichkeiten achten sollten – darüber spricht Benedikt Douglas, Partner bei Deininger, mit fundierter und persönlicher Erfahrung in der Verteidigungs- und Automobilindustrie.

Benedikt, wie ist Dein Blick auf die Allgemeine Industrie und wie erlebst du die generelle Stimmung in der Verteidigungsindustrie?

Die Branche ist im Aufbruch – das ist deutlich spürbar. Jahrzehntelang operierte sie eher im Schatten, mit knappen Budgets und geringem politischen Rückhalt. Jetzt, unter dem Eindruck geopolitische Entwicklungen, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und mit politischem Rückenwind, hat sich die Lage grundlegend verändert.

In der Folge sehen wir in der Verteidigung zum ersten Mal seit langem nicht nur Investitionsbereitschaft, sondern auch echten Rückenwind aus der Gesellschaft. Unternehmen – vom großen Systemhaus bis zum spezialisierten Mittelständler – spüren das direkt: Die Bewerberzahlen steigen, vor allem bei qualifizierten Fachkräften.

Trotzdem gibt es aber auch Zurückhaltung, insbesondere mit Blick auf die Frage: Wie nachhaltig ist dieser Aufschwung? Die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden – etwa für neue Werke oder zusätzlichen Personalaufbau – erfordern langfristige Planbarkeit. Das ist in einem politisch getriebenen Markt nicht selbstverständlich. Wir sprechen hier schließlich nicht über Konsumgüter, sondern über sicherheitsrelevante Hochtechnologie in stark regulierten Märkten.

In der öffentlichen Debatte liegt der Fokus oft auf Fachkräften in der Produktion. Wie sieht es auf Führungsebene aus?

Ganz klar: Der Fachkräftemangel trifft die gesamte Branche – aber eben nicht nur an der Werkbank, sondern auch im oberen Management. Das ist mit besonderen Herausforderungen verbunden. Während der Wechsel auf operative Rollen, etwa in der Fertigung, leichter in moderne Prozesse zu überführen ist, gelten für Managementpositionen andere Regeln.

Viele Prozesse ähneln sich zwar auf den ersten Blick – Produktionslinien, Serienfertigung, Effizienzsteigerung. Wer hier Verantwortung übernehmen will, braucht nicht nur Führungserfahrung, sondern ein tiefes Verständnis für die besonderen Rahmenbedingungen der Branche: lange Projektlaufzeiten, Genehmigungsprozesse, politische Einflüsse, Exportrestriktionen – das sind Themen, die man aus anderen Industrien oft so nicht kennt oder deren Komplexität leicht unterschätzt werden.  

Werden Führungspositionen aktuell mit Quereinsteigern besetzt – oder dominieren weiterhin Branchen-Insider?

Das hängt sehr vom Einzelfall ab, aber natürlich besteht der generelle Bedarf: Die Notwendigkeit zum Auf- und Ausbau ist da – auch auf Führungsebene. Und ja, in vielen Unternehmen findet ein Umdenken statt. Aber die Annahme, man könne einfach jemanden aus der Automobilindustrie nehmen und eins zu eins auf eine Schlüsselposition in der Sicherheitsindustrie setzen, greift meiner Einschätzung nach deutlich zu kurz.

Was funktioniert, ist gezielter Wissenstransfer. Es gibt durchaus Parallelen: In Bereichen wie Serienfertigung, Prozesssteuerung, Effizienzsteigerung oder Digitalisierung kann die Automobilindustrie wertvolle Impulse geben – dazu zählt selbstverständlich auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Die Rüstungsindustrie ist heute in einem vollumfänglichen Wandel von der Manufaktur zur Serienfertigung – und hier sind erfahrene Automotive-Manager mit Produktions- und Skalierungserfahrung gefragt. Auch die vorgelagerten Prozesse und Funktionen – von der engen Verzahnung mit Forschung & Entwicklung über den Einkauf und die Supply Chain bis hin zum Kundenmanagement – gehören zur notwendigen Neuausrichtung. Parallel dazu besteht in vielen Organisationen ein Nachholbedarf in der Weiterentwicklung moderner HR-Strukturen: HR als Business Partner, als Motor für Transformation und Garant eines nachhaltigen Talent Pools.

Es braucht Kandidaten, die bereit sind, sich in neue Strukturen hineinzudenken. Die Verteidigungsindustrie funktioniert in vielen Bereichen gleich, ist aber dann doch ganz anders. Kunden sind Staaten, nicht Verbraucher. Entscheidungen hängen nicht nur von Angebot und Nachfrage ab, sondern auch von Genehmigungen, politischen Lagen und internationalen Absprachen. Wer hier erfolgreich arbeiten will, muss bereit sein, sich in diese neue Welt aktiv hineinzudenken.

Was spricht dennoch für einen Wechsel auf Führungsebene – und für wen eignet er sich?

Heute sprechen deutlich mehr Gründe für einen Wechsel als noch vor wenigen Jahren. Es hat ein spürbarer Sinneswandel eingesetzt. Während man sich früher teilweise rechtfertigen musste, wenn man in der Verteidigungsindustrie arbeitete, war es schwierig, externe Kandidaten überhaupt für einen Wechsel zu interessieren. Heute geht es vielmehr darum, die richtigen Kandidaten für das betreffende Unternehmen herauszuarbeiten. Persönlichkeit, Ausprägung des beruflichen Werdegangs und eine starke, erkennbare Motivation in diesem technologisch hochspannenden Umfeld seinen Beitrag zu leisten – darauf kommt es an. Auch hier, wie überall, ist Masse nicht Klasse. Bei dieser Auswahl hilft mir meine langjährige operative Erfahrung in Industrie und Verteidigung sehr.

Die Verteidigungsindustrie umfasst inzwischen weit mehr als Fahrzeuge, Waffen und Munition. Hochtechnologie neben industrieller Fahrzeugfertigung, Cybersicherheit neben anspruchsvoller Logistik, Kommunikationslösungen, Sensorik, Robotik – alles modernste Technologien, die schon länger in der zivilen Wirtschaft eine große Rolle spielen, aber nun mit bahnbrechender Geschwindigkeit in die moderne Verteidigungsindustrie integriert und weiterentwickelt werden. Das macht die Branche nicht nur breiter, sondern auch attraktiver.

Lange Zeit eine Männerdomäne gibt es nun vielversprechende Entwicklungen auch für weibliche Führungskräfte, die sich für diesen spannenden Industriezweig begeistern. Hierfür ist der direkte Dialog in der Ansprache und Gewinnung besonders wichtig, um gegebenenfalls noch bestehende, tradierte Vorurteile gegenüber der Branche abzubauen.

Wie gelingt es, die passenden Persönlichkeiten zu identifizieren?

Hier zählt vor allem Erfahrung – und zwar in beiden Welten. Entscheidend ist, ob jemand neben der fachlichen Kompetenz auch kulturell passt, ob er oder sie bereit ist, sich auf neue Strukturen einzulassen – und ob die Person versteht, was es bedeutet, in einem sicherheitsrelevanten Umfeld zu arbeiten. Es geht darum, Brücken zu schlagen zwischen Industriekulturen – zwischen privatwirtschaftlich geprägten Denkweisen und einem politisch regulierten Marktumfeld.

Und genau da kommt Executive Search ins Spiel. Der Kandidatenmarkt ist unterschiedlich strukturiert und schwer zu fassen, die Anforderungen sind hoch – und die Zeit drängt. Wir erleben, dass gezielte, diskrete Ansprache mit hohem Maß an Branchenverständnis heute der erfolgversprechendste Weg ist. Wer als Unternehmen nachhaltig wachsen will, braucht eine klare Personalstrategie.

Ich sehe in meiner Arbeit täglich, dass dieser Brückenschlag gelingen kann. Und ich freue mich einen Beitrag dazu leisten zu dürfen – auch aus persönlicher Überzeugung.

Fazit

Die Rüstungsindustrie steht vor einem erhöhten Personalbedarf – auch auf Führungsebene. Ein Wechsel aus der zivilen in die sicherheitsrelevante Industrie ist möglich und in vielen Fällen für beiden Seiten sinnvoll. Doch er erfordert Offenheit, Anpassungsfähigkeit und ein realistisches Verständnis der branchenspezifischen Rahmenbedingungen. Entscheidend für den erfolgreichen Wechsel ist eine professionelle Begleitung, die beide Welten kennt und Brücken schlagen kann – so wie sie Benedikt Douglas als Partner im internationalen Executive Search seit Jahren leistet.

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