Migration im Wandel zwischen Deutschland und Polen: Neue Chancen für Unternehmen

Polen und Deutschland verbindet seit vielen Jahren eine enge wirtschaftliche Partnerschaft, deren Bedeutung in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen ist und doch häufig unterschätzt wird. Laut der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer (AHK) ist Deutschland mit einem Anteil von 27,1 Prozent weiterhin der wichtigste Handelspartner für Polen. Gleichzeitig hat auch Polen seine wirtschaftliche Relevanz für Deutschland in den letzten zehn Jahren deutlich steigern können und belegt inzwischen Platz vier unter den bedeutendsten Import- und Exportländern. Deutschland exportiert heute mehr Waren nach Polen als nach China, ins Vereinigte Königreich oder nach Italien. Jüngst ist Polen sogar der Sprung in die Gruppe der zwanzig größten Industrienationen weltweit gelungen, ein klares Signal für die Stabilität und das Potenzial des Marktes.
Angesichts dieser engen Verflechtungen zwischen Deutschland und Polen überrascht es nicht, dass auch der Arbeitsmarkt zunehmend grenzüberschreitend geprägt ist. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer migrieren zwischen beiden Ländern. Diese Wanderbewegungen sind zwar nicht neu, verändern sich jedoch spürbar: Zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren ziehen mehr Menschen von Deutschland nach Polen als umgekehrt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verließen 2024 rund 90.800 Menschen Deutschland in Richtung Polen, während etwa 82.000 in die entgegengesetzte Richtung kamen. Was lange als Randphänomen galt, zeigt nun eine neue Dynamik, die auch für deutsche Unternehmen von Bedeutung ist – insbesondere für jene, die in Polen aktiv sind oder mit polnischen Führungskräften arbeiten möchten.
Polen: Vom Niedriglohnland zum stabilen Investitionsstandort
Polen hat sich in den letzten Jahren zu einem wirtschaftlich starken und gesellschaftlich stabilen Standort entwickelt. Das Land gilt heute als attraktiver Investitionsstandort, der sich von seiner früheren Rolle als „Low-Cost-Country“ deutlich gelöst hat. Inzwischen wird Polen eher als „Middle-Cost-Country“ mit einer soliden industriellen Basis, wachsender Innovationskraft und steigender Kaufkraft wahrgenommen.
Auf operativer Ebene bestehen weiterhin spürbare Kostenunterschiede zu Deutschland – der durchschnittliche Stundenlohnt liegt bei nur 40 % des deutschen Niveaus bei gleichzeitig weniger Feiertagen und geringeren Urlaubsansprüchen. Gleichzeitig ist der Wert der polnischen Arbeitskultur nicht allein in Zahlen messbar. Für viele Unternehmen überwiegen Vorteile wie hohe Arbeitsmotivation, ausgeprägte Lösungsorientierung und eine bemerkenswerte Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Diese Aufbruchsstimmung prägt nicht nur die Produktionslandschaft, sondern auch die Managementkultur des Landes.
Deutschland verliert etwas an Anziehungskraft – aber nicht an Bedeutung
Während Polen an Attraktivität gewinnt, verliert Deutschland von seiner früheren Strahlkraft als Ziel für Arbeitsmigration. Steigende Lebenshaltungskosten, bürokratische Hürden und ein teils schwerfälliges Einwanderungssystem bremsen potenzielle Zuwanderer. Dennoch bleibt Deutschland ein Zielmarkt für polnische Fach- und Führungskräfte, vor allem in qualifizierten Segmenten wie IT, Ingenieurwesen oder Management. Dabei steht für Führungspersönlichkeiten vor allem die berufliche Entwicklung und das Erlangen neuer Erfahrungen im Vordergrund und weniger die Verbesserung der persönlichen Lebenssituation. Daraus folgt, dass viele Polinnen und Polen nach einigen Jahren in ihr Heimatland zurückkehren (möchten).
Die Entscheidung für einen Auslandseinsatz oder einen Unternehmenswechsel ins Ausland ist für viele heute weniger eine Frage der Vergütung als der Perspektive. Die Gehaltsunterschiede zwischen Polen und Deutschland haben sich stark verringert. Wie die deutsche Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Bundes (GTAI) in ihrem jüngsten Bericht mitteilt, liegt das Durchschnitteinkommen in Ballungszentren wie Warschau im 1. Quartal 2025 bereits bei rund 3.000 Euro brutto im Monat und damit auf einem vergleichbaren Niveau wie in den strukturschwachen Regionen in Deutschland. Ein Geschäftsführer in einem mittelgroßen Unternehmen verdient in Polen laut oben genannter Studie im Durchschnitt über 200.000 Euro im Jahr – ein klares Zeichen für die gestiegene Attraktivität des polnischen Managementmarktes.
Wollen deutsche Unternehmen für polnische Führungskräfte attraktiv sein, reicht ein attraktives Gehalt längst nicht mehr aus. Entscheidend ist die Qualität des Gesamtangebots – von professioneller Relocation-Unterstützung über Integrationsprogramme bis hin zu einer offenen, wertschätzenden Unternehmenskultur.
Chancen für deutsche Unternehmen
Mit steigenden Einkommen wächst die Kaufkraft in Polen und damit die wirtschaftliche Dynamik. Die Qualität der Führungskräfte hat sich parallel dazu deutlich entwickelt: Polnische Manager sind in regionalen Positionen mit Verantwortung für mehrere Länder und Märkte gefragt, führen internationale Teams und agieren dank ihrer Erfahrung und Führungsstärke strategisch auf Augenhöhe mit den Zentralen in Deutschland. Sie sind längst nicht mehr nur der „verlängerte Arm“ der Geschäftsführung im Mutterhaus, wie es noch in den Zehnerjahren häufig der Fall war.
Für deutsche Unternehmen bedeutet dies: Die Entsendung von Führungskräften aus dem Mutterhaus ist seltener notwendig. Vielmehr lohnt sich der Aufbau starker lokaler Führungsteams in Polen. Der Markt bietet ein wachsendes Reservoir gut ausgebildeter, international erfahrener Fachkräfte, die Verantwortung übernehmen und kulturell Brücken schlagen können. Viele Führungskräfte, die aus dem Ausland nach Polen migrieren, haben polnische Wurzeln und bringen wichtige Erfahrungen und kulturelles Verständnis mit, was sie für eine Tätigkeit in polnischen Töchtern deutscher bzw. ausländischer Unternehmen prädestiniert.
Um die besten Führungskräfte zu gewinnen, gilt es Rekrutierungsprozesse professionell, transparent und partnerschaftlich zu gestalten. Authentische Kommunikation und kulturelles Verständnis sind entscheidend für langfristige Bindung und Erfolg.
Darüber hinaus können Unternehmen von einer dualen Strategie profitieren:
- In Polen die operative Stärke und Dynamik des Standorts nutzen,
- in Deutschland das Know-how und die Innovationskraft polnischer (Führungs-)Talente für die gesamte Unternehmensgruppe zu nutzen.
Fazit: Wandel als Chance
Die Migration zwischen Deutschland und Polen ist längst keine Einbahnstraße mehr. Polen ist heute nicht nur Herkunftsland, sondern auch Ziel für qualifizierte Rückkehrer und internationale Investoren. Das Land bietet ein wirtschaftlich stabiles, zukunftsorientiertes Umfeld – mit Menschen, die zupackend, positiv und lösungsorientiert denken.
Für deutsche Unternehmen ist das eine Einladung, den Wandel aktiv zu gestalten: durch langfristige Partnerschaften, durch gezielte Investitionen in Menschen, Strukturen und Führungskompetenzen und durch ein neues Verständnis von Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Wer diesen Trend erkennt und strategisch nutzt, gewinnt: an kompetenten Führungskräften, an Marktverständnis und an Zukunftsfähigkeit.
Möchten Sie Ihr Führungsteam in Polen aufbauen oder erweitern? Oder haben Sie Fragen zu Führung in Polen oder Mittelosteuropa? Kontaktieren Sie gerne Rainer Pauly, Geschäftsführer Deininger Polen und Mittelosteuropa.

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